Das ist Kevin Carlos, neuer Stürmer des FC Basel: Ein Portrait (2024)

Porträt

Kevin Carlos, der ungewöhnliche Kämpfer: Das ist der neue FCB -Stürmer

Vergangene Saison war er Torschützenkönig bei Yverdon, seit Sommer trägt er Rotblau: Kevin Carlos. Wieso der 23-jährige Spanier den FC Basel und nicht YB wählte, was er zur Beanstandung von ein, zwei Kilo zu viel sagt, wieso er nur Stürmer werden konnte und wie er privat tickt. Ein Porträt.

Céline Feller

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Wer Kevin Carlos fragt, was er gerne in seiner Freizeit tut, bekommt eine ungewöhnliche Antwort: «Ich gehe gerne bowlen.» Das sei es, was er möge. mit Freunden rausgehen und kegeln. Oder Karten spielen. Natürlich gehöre das Zocken auf der Playstation auch dazu. Oder aber den Abend vor dem Fernseher zu verbringen und Fussball zu schauen. «Dabei kann man vieles lernen», sagt er.

Der 23-jährige Spanier ist seit Ende August beim FC Basel engagiert. Für vier Jahre hat er beim FCB unterschrieben, mit dem Empfehlungsschreiben als Torschützenkönig der abgelaufenen Super-League-Saison, ein Titel, den er sich mit Zan Celar (ex Lugano) und Chadrac Akolo (St. Gallen) teilt. 14 Tore für Yverdon haben dafür gereicht.

Dieser Erfolg ist eines von den wenigen Dingen, die man über Kevin Carlos erfährt, wenn man nach ihm im Internet sucht oder seine sozialen Medien durchforstet. Kaum etwas über ihn, sein Leben abseits des Rasens. Auch das ist ein bisschen ungewöhnlich.

Erst das Debüt, dann langes Warten

Aber der ungewöhnliche Weg, der scheint gewissermassen ein Teil von Carlos zu sein. Zum einen ist da sein bisheriger Karriereverlauf, der nicht wirklich linear gewesen ist. Carlos, der im Sommer von vielen Klubs umworben wurde und doch Basel wählte, musste Umwege gehen.

Aus dem Nachwuchs des SD Huesca, dem Klub seiner Heimatstadt, stammend, debütierte er im Dezember 2020 in der Copa del Rey bei der ersten Mannschaft. Fast ein weiteres Jahr jedoch musste er warten, bis er erneut zu Einsätzen mit den Profis kam, auf das Debüt in der Liga gar noch länger.

Das ist Kevin Carlos, neuer Stürmer des FC Basel: Ein Portrait (2)

Stattdessen musste er Spielpraxis im Nachwuchs sammeln, im Farmteam, in der zweiten Mannschaft. Zu regelmässigen Einsätzen in der Segunda División, in welcher Huesca auch heute noch spielt, kam er erst in der Saison 2022/23, wurde gar noch ausgeliehen für das zweite Halbjahr. Das reichte jedoch, um sich für einen weiteren eher ungewöhnlichen Schritt zu empfehlen: jenen zu Yverdon-Sport. «Mein Agent hatte mich angerufen und mir von einer Offerte aus der Schweiz erzählt.» Es war Frühling 2023, und Kevin Carlos hatte anfänglich vor allem eines bei der Vorstellung, in die Schweiz zu wechseln: Respekt.

Denn für ihn, der zwar in Ceuta geboren ist und dort sein erstes Lebensjahr verbracht hat, gab es bislang nur Huesca. «Aber ich musste mir sagen: Ich probiere das. Der Fussball hört nicht in Spanien auf.»

Auch YB wollte den Torschützenkönig

Also sagte er zu. Ohne zuvor jemals die Heimat verlassen zu haben und zu wissen, was Yverdon genau für ein Klub ist. Und mit der Warnung im Hinterkopf: In der Schweiz ist es kalt und teuer. «Es war ein sehr grosser Schritt», sagt er und lacht. Letzteres kann er heute gut, fügt gleich selbst an:« Ich denke, ich habe eine gute Entscheidung getroffen.» Er erzählt schnell, bestimmt, druckreif. Kevin Carlos ist sich dessen sicher, was er tut und sagt.

Sein Weg, «der lang war», hat ihn zum FC Basel geführt. «Als ich zu Yverdon wechselte, habe ich mich mit der Liga hier auseinandergesetzt und schnell gesehen, dass der FCB der grösste Klub ist, mit einer reichen Historie, und oft in Europa mit dabei war.»

Auch deshalb zögert er in diesem Sommer nicht, als er Wind vom Angebot des FCB bekommt. «Ich habe mich mit meinem Agenten und meinem Vater ausgetauscht, mit ihnen spreche ich am meisten über Fussball. Mit allem, was der FCB darstellt, war mir schnell klar, dass ich hier unterschreiben muss», erklärt Carlos seine Wahl. Damit gewann der FCB das Rennen gegen YB, welches ihn ebenfalls verpflichten wollte.

FCB-Sportdirektor Daniel Stucki spricht von einigen Konkurrenten im Werben um Carlos und davon, finanziell nicht das beste Angebot unterbreitet zu haben: «Dennoch hat er sich für uns entschieden.» Kein Hehl macht Stucki aus der Ablöse: «Die drei Millionen, die kolportiert werden, sind sehr realistisch.» Eine Weiterverkaufsbeteiligung hat der Yverdon Sport FC nicht.

Die Physis ist, was ihn definiert

Der Plan, welchen der FCB ihm aufzeigte, habe Carlos überzeugt. «Ich bin hier an einem Ort, der mich physisch und mental weiterbringt. Schritt für Schritt. Die Verantwortlichen haben mir klar gemacht, dass sie mir helfen wollen, zu wachsen.» Er selbst spricht vom Ziel, jeden Tag besser zu sein als noch am Tag zuvor. «Schliesslich kann keiner die Zukunft voraussagen. Also muss man täglich aufbauen.»

Auch hier geht Carlos ungewöhnliche Wege. Neben den Trainings mit dem FCB arbeitet er in seiner Freizeit mit einem privaten Fitnesscoach. Denn: «Die Physis macht mich zu dem, was ich bin.» Seit der 1,86 Meter grosse Carlos beim FCB ist, werden die Daten des privaten Coaches mit jenen des FCB kombiniert. «Sie sind in stetem Kontakt, das letzte Wort hat logischerweise der Klub.»

Das ist Kevin Carlos, neuer Stürmer des FC Basel: Ein Portrait (3)

Carlos lobt die Zusammenarbeit mit dem Staff, insbesondere mit José Blesa, dem Basler Ernährungscoach. Weil der ganze Staff genauso ist wie Carlos: detailversessen. «Das war ich immer schon. Für mich war früh klar, dass ich Fussballer werden will. Doch das wollen Millionen. Auf dem Weg dazu machen die kleinen Details den Unterschied aus.» Es gäbe Menschen, die ihr Niveau halten möchten, er aber wolle seines stetig heben. «Und ich weiss, was ich dazu tun muss.»

Für die Leichtathletik war kein Platz mehr

Obschon des frühen Zieles, Fussballer zu werden, hat Carlos nicht alles auf eine Karte gesetzt. «Mir hat die Schule gefallen, ich war gut und habe meinen Abschluss gemacht. Jeder braucht einen Plan B.» Zwar sei es gegen Ende der Schulzeit hart geworden, das Lernen mit dem Training zu vereinbaren, weil er immer öfter zu den Einheiten mit den Profis durfte. «Aber ich habe es geschafft und bin froh darüber.»

Sportlich gab es für Carlos kaum je eine wirkliche Alternative zum Fussball. «Ich war zwar auch zwei Jahre im Leichtathletik-Klub, aber irgendwann musste ich mich entscheiden, und da war der Fall klar.»

Der Vater war Goalie – und brauchte einen Gegner

Den Fussball hat Carlos quasi in die Wiege gelegt bekommen. Sein Vater war Halb-Profi in jungen Jahren und inspirierte ihn früh. «Er nahm mich fast jeden Tag mit auf den Platz, um zu trainieren und mich besser zu machen.» Dass er Stürmer geworden sei, sei ebenfalls kein Zufall, denn: «Mein Vater war Goalie, und einer musste ja schiessen, damit er was zu tun hat. So einfach war das.»

Sein Vater, aber auch seine Mutter, haben ihn nicht nur in Bezug auf den Sport stark geprägt. «Sie sind meine Idole», sagt Carlos über seine Eltern, die aus Nigeria stammen. Vor seiner Geburt lebten sie in Ceuta, jener spanischen Exklave an der nordafrikanischen Küste, welche aufgrund der Flüchtlingsproblematik unrühmliche Bekanntheit geniesst. Doch Carlos' Eltern waren keine Flüchtlinge, sondern normale Arbeiter.

Als sie nach Huesca in den Nordosten Spaniens übersiedelten, eröffnete der Vater einen Laden. Die Mutter half immer mit. «Sie haben immer sehr viel gearbeitet, ich habe gesehen, wie hart es manchmal für sie war. Dennoch haben sie viel von ihrem Leben für meinen Traum gegeben.»

Carlos und die ein, zwei Kilo zu viel

Von ihnen hat er die für ihn wichtigsten Werte gelernt: Immer hart zu arbeiten sowie Respekt gegenüber allen Personen zu haben. «Wer das Gefühl hat, besser als jemand anderes zu sein, kommt nicht weit», sagt er. Dass seine Eltern sowie die 10-jährige Schwester und der 6-jährige Bruder noch nie bei ihm in der Schweiz waren, schmerzt Carlos.

Bald aber sollen sie ihn besuchen. Dann werden sie einen Kevin Carlos erleben, der selbst sagt, dass er mittlerweile bei 100 Prozent sei. Anfängliche physische Probleme sowie die ein, zwei Kilo, die er laut Fabio Celestini im Vergleich zu den anderen Basler Spielern zu viel hatte? «Das ist alles geklärt. Alles.» Eine Überlastung sei die Ursache gewesen, der Adduktor hatte gezwickt.

Auch der FCB-Trainer attestiert Carlos inzwischen uneingeschränkte Wettkampftauglichkeit: «Er war etwas zu schwer, aber jetzt ist er perfekt.» Celestini sieht in Carlos einen klaren Mittelstürmer, der in dieser Position seine Vorzüge ausspielen könne. Und er sieht auch in der internen Konkurrenz mit Albian Ajeti oder Bradley Fink kein Hindernis: In einem 4-4-2 könnten zwei aus diesem Trio spielen.

Das ist Kevin Carlos, neuer Stürmer des FC Basel: Ein Portrait (4)

Den Vorwurf, er sei nicht fit gewesen, will er schnell aus der Welt schaffen. Es ist das einzige Mal, dass Carlos ernster wird im Gespräch. Während eines Spiels, ja, da sei er auch ernst. «Ein Kämpfer» sei er auf dem Feld. «Ich suche immer den Kontakt mit dem Abwehrspieler. Deshalb denke ich, bin ich anders als die anderen Stürmer in der Super League, das ist meine Stärke.»

Und neben dem Feld? Carlos lacht und sagt: «Auch wenn ich sehr ernst wirke, bin ich lustig, wirklich! Ich mag es, zu connecten und mit Leuten zu reden. Ich bin ganz normal, ein gewöhnlicher Typ.» Gewöhnlich ungewöhnlich.

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